TORF ... NEIN DANKE


Das Frühjahr ist da und ab in den Garten. Alle Beete einmal durchharken, mit gekauften Erden auffrischen und damit die ersten Frühblüher pflanzen. 

Was für eine herrliche Idylle. 























Die Wirklichkeit sieht jedoch ganz anders aus, denn in den Märkten werden überwiegend "Erden" angeboten, die fast nur aus Torf bestehen. Allein jährlich dreieinhalb Millionen Kubikmeter Torf für den Hobbygarten. Und wo kommt der her? Aus Mooren, aus einzigartigen Biotopen, die dafür abgeräumt werden. Der langsam greifende Moorschutz in Deutschland lässt die "Torfer" ins Baltikum und nach Russland abwandern, denn dort gibt es weniger Naturschutz und viele Moorflächen.















Doch wie immer ist die Nachfrage entscheidend und allein der Kunde bestimmt den Königs-Weg. Denn es geht auch ohne Torf, wie das zunehmende Angebot von torffreiem Gärtnerglück beweist.















Wir haben beim Industrieverband Garten (IVG) nachgefragt, in dem viele Erden-Hersteller Mitglied sind. Hier die Antworten vom IVG Referenten Gartenbau und Umwelt, Herrn Dr. Arne Hückstedt:

Blumenerden, die Torf enthalten, sehen Verbraucher und Handel zunehmend skeptischer. Warum eigentlich und wie reagieren die Anbieter?

In den 80er Jahren gab es erstmals Kampagnen, die der Torfwirtschaft unterstellten, sie würde lebende Moore zerstören. Tatsache allerdings ist – heute wie damals: Bei den Flächen, auf denen Torf abgebaut wird, handelt es sich fast ausschließlich um landwirtschaftlich vorgenutzte Flächen, die bereits vor Jahrhunderten entwässert wurden, und keinesfalls um natürliche Moore. Deshalb setzen wir als Verband alles daran,
sowohl .....
die Verbraucher als auch Naturschutzgruppen entsprechend aufzuklären. Daraus entstanden ist zum Beispiel ein gemeinsames Konzept mit der Landesgruppe des NABU in Niedersachsen. Für die Verbraucher, die dennoch gerne auf torffreie Erden zurückgreifen möchten, haben die Anbieter inzwischen ihre Sortimente erweitert.

Gibt es belastbare Verbrauchszahlen zu Hobbyblumenerden- und Erden für den Erwerbsgartenbau?

Durch eine hohe Marktabdeckung in unserer Fachabteilung Substrate, Erden, Ausgangsstoffe, erhalten wir repräsentative Statistiken zu Art und Menge der jährlich am Markt eingesetzten Substratausgangsstoffe. Für 2013 lassen sich
demnach folgende Verbrauchszahlen feststellen: Es wurden etwa 8,5 Millionen m3 Substrate produziert, wovon 41 Prozent auf Blumenerden (Hobby) und 59 Prozent auf Kultursubstrate (Profi) entfallen.


Sind torfbasierte Erden nur noch massige Billigware für den Erwerbsgärtner?

Torfbasierte Erden erfüllen in vielerlei Hinsicht die Ansprüche der Erwerbsgärtner auf ideale Weise. Der professionelle Gärtner benötigt Substrate, die maximale Kultursicherheit garantieren und die es ihm ermöglichen, große Mengen gleichmäßig gewachsener, qualitativ hochwertiger Pflanzen zu produzieren, die außerdem den Preisvorgaben des Marktes entsprechen. Torf kann durch seine optimale Beschaffenheit mit weiteren Stoffen so eingestellt werden, dass die Eigenschaften der Erde den Ansprüchen der jeweils kultivierten Pflanzen genau entsprechen.

Welche Alternativen hat der Erwerbsgärtner?

Die aktuelle Marktsituation bietet dem Erwerbsgartenbau grundsätzlich die
Möglichkeit, auf alternative Produkte auszuweichen. Das Angebot ist also da, allerdings sind torffreie Alternativen häufig teurer als herkömmliche Substrate. Dies liegt daran, dass es derzeit keine ausreichenden Alternativen auf dem Markt gibt, die qualitativ – vor allem aber quantitativ – die vom Erwerbsgartenbau benötigte Menge ersetzen kann. Eine Versorgung des gesamten deutschen Marktes ist demnach momentan nur mit torfbasierten Produkten möglich.

Ist Renaturierung von Mooren nur ein anbietergetriebenes Feigenblatt?


Ganz sicher nicht. In den 80er Jahren entwickelte man als Reaktion auf die Forderungen der NGOs das so genannten niedersächsische Moorschutzprogramm, das die Auflage beinhaltet, Flächen nach der Torfgewinnung wieder zu renaturieren und nicht mehr der landwirtschaftlichen Nachnutzung zuzuführen. Die torfabbauenden Unternehmen sind damit rechtlich zur professionellen Renaturierung verpflichtet. Viele der renaturierten Flächen sind heute Naturschutzgebiete. Um den Prozess der Renaturierung zu fördern, steckt die Torfindustrie darüber hinaus viel Energie in dessen Optimierung.

Viele Anbieter bieten aggressiv „torffreie Erden" an. Und nun?

Das Angebot für Konsumenten im Erden-Segment ist sehr breit. Wir sehen dies allerdings weniger als Aggressivität von Seiten der Anbieter, sondern vielmehr als eine übliche Form des Wettbewerbs. Es ist selbstverständlich, dass Hersteller von Blumenerden der Nachfrage – insbesondere von Seiten des Handels – nach torfreduzierten und torffreien Produkten entsprechend ihre Sortimente ergänzen.

Torf oder nicht Torf?

Praxis und Forschung weisen gerade in jüngster Zeit darauf hin, dass es nach heutigem Stand nicht möglich ist, komplett auf Torf zu verzichten. Der Erwerbsgartenbau insgesamt kann derzeit nur in torfbasierten Substraten diese Pflanzenmenge und -qualität produzieren. Dennoch haben alle Beteiligten die Endlichkeit des Produktes im Blick und streben einen schonenden Umgang mit der wertvollen Ressource Torf an. Gleichzeitig werden auch weiterhin intensiv Alternativen zu Torf erforscht.

Eine Entscheidung „Torf oder nicht Torf“ muss letztlich jeder selber treffen – es gibt kein schwarz oder weiß. Wichtig ist, dass die Gesellschaft weiß, wie Torf gewonnen wird, die Fakten kennt, die das Produkt so besonders machen, und damit versteht, warum es derzeit nicht möglich ist, auf den Rohstoff Torf zu verzichten.